SCHEMATISCHE ZUSTANDSPRÜFUNG VON SÄULEN

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Vorbemerkung

Aufgrund von Gesteinszerfall, äußeren Einwirkungen (z.B. Brand) und Überbelastung können Säulen tragfähigkeitsvermindernde Schäden aufweisen. Auch können Verformungen zu Schiefstellungen mit partiellen Überlastungen und dadurch zu Schäden führen. Meist sind dies Risse und Abplatzungen. Es kommen auch andere ggf. verborgene Schwachstellen wie z.B. Festigkeitsinhomogenitäten vor. Der genaue Schadens- bzw. Zustandsverlauf ins Innere der Säule kann von außen nicht ausreichend beurteilt werden; es besteht aber die Notwendigkeit, den Zustand der Säule möglichst vollständig zu kennen. Da Säulen eher schlanke, hochbelastete Bauteile sind, können in vielen Fällen keine Materialproben ohne relevante Schwächung entnommen werden. Auch wäre fraglich, ob die Stichproben für einen Gesamteindruck ausreichen. Zerstörungsfrei ist es mit elastischen und Radarwellen möglich, eine Beurteilung durchzuführen. In modifizierter Art kann dies auch für die Säulenbasis und das Kapitell erfolgen.

Elastische Wellen

Ultraschall (US) beruht auf der Ausbreitung von elastischen Wellen im festen Material (Betrachtung nur der schnellsten Welle). Einerseits besteht ein Zusammenhang von Festigkeit und Wellengeschwindigkeit, und andererseits breiten sich die Wellen nicht über Materiallücken hinweg aus. Die gemessene Geschwindigkeit im Bauteil liefert somit eine Vorstellung über dessen Zustand. Geringe Materialfestigkeit führt zu geringer Geschwindigkeit. Auch Schadstellen wie Risse oder Hohlräume führen zu niedrigeren Geschwindigkeiten; denn bedingt durch den Umweg der Welle um den Riss oder Hohlraum verlängert sich ihr Weg. Da man aber zur Berechnung den kürzeren direkten Weg heranzieht, vermindert sich die rechnerische Geschwindigkeit zur Scheingeschwindigkeit. Eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Ursachen der Verminderung - geringe Materialfestigkeit oder Umwegeffekt durch Risse - ist nicht direkt aus den Daten abzuleiten.

Schematische Vorgehensweise mit elastischen Wellen

Eine standardisierte Prüfung erweist sich als günstig. Bezogen auf einen horizontalen Untersuchungsquerschnitt werden radiale und tangentiale Durchschallungen durchgeführt. Im unten dargestellten Schema mit den Säulenquerschnitten und eingezeichneten Strahlrichtungen (blau) ist links eine 8-fache zentrale, in der Mitte eine 8-fache Ring- und rechts eine 16-fache Randdurchschallung skizziert. Je nach Genauigkeitserfordernissen können die Messpunkte verdichtet oder ausgedünnt werden. In drei Reihen sind drei verschiedene Schadstellen (rot) in den Säulenquerschnitt eingezeichnet. In der oberen Reihe ist dies ein radialer, in der Mitte ein tangentialer Riss und unten eine Hohlstelle. Unter den Querschnitten ist ein Abwicklungsband um den Säulenumfang mit zugeordneter Messposition und Strahlrichtung (blau) dargestellt. Falls der Strahl nicht von der Schadstelle (rot) betroffen ist, ist die Messposition in der Abwicklung grün gekennzeichnet, gleichbedeutend mit einer ungestörten hohen Wellengeschwindigkeit. Im Falle, dass der Strahl betroffen ist, ist die Farbe Rot, entsprechend niedriger Wellengeschwindigkeit. Für eine vollständige Säulenprüfung wird dieses Schema für mehrere Ebenen angewandt, so wie dies in folgenden Beispielen zu sehen ist. Dadurch ergeben sich anschauliche Diagramme (Abwicklungen mit Wellengeschwindigkeiten), woraus der innere Zustand der Säule zu beurteilen ist.


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Fall A

Aufgabe

In einem ehemaligen Klostergebäude befinden sich mehrere schlanke Säulen aus Kalkstein. Das Baumaterial weist ein sehr unterschiedliches Rissbild auf. Visuell fallen insbesondere der Kopf und der Fuß der Säulenschäfte auf. Daneben sind auch die Kapitelle und die Basen von Rissen betroffen. Es bestand die Frage, mit welchem Restquerschnitt die Tragfähigkeit berechnet werden kann. Da zerstörende Probenahmen die Substanz der Säulen weiter vermindern würde, sollten zerstörungsfreie Prüfungen durchgeführt werden.

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Messprogramm

schematische Ultraschall-Durchschallung (s. Abb. Q)

  • zentral des gesamten Querschnitts (a)
  • der außermittigen Ringzone (b)
  • der äußeren Randzone (c)

Vorgehensweise/Ergebnisse

Zur Erkundung der Säulenschäfte wurden US- (Ultraschall-)Messungen nach dem vorgenannten standardisierten Mess-
programm in 10 Messebenen mit einem vertikalen Abstand von 25 cm durchgeführt. Die horizontale Messanlage in Messebenen bedeutet eine Ausrichtung der Messung auf annähernd vertikale Schadstellen. Dies ist insofern gerechtfertigt, als der Säulenschaft weitgehend vertikale Risse an der Oberfläche zeigt und eine Überlastung des Schafts sich ebenfalls in weitgehend vertikalen Rissen auswirken würde. Die Messergebnisse sind in Form von Abwicklungen, worin die ermittelten Geschwindigkeiten enthalten sind, dargestellt. Die grünen Farben bedeuten hohe Geschwindigkeiten und stehen für den ungestörten festen Zustand. Gelb und Rot kennzeichnen erniedrigte Geschwindigkeiten, und im Falle der Farbe Magenta konnte keine Geschwindigkeit ermittelt werden, da kein Durchschallungssignal infolge zu großer Schadstellen registriert werden konnte. Am Schaft S1 sind äußerlich vertikale Risse zu sehen. Gemäß der Randdurchschallung c reichen die Risse teilweise, d.h. nahe des Kapitells und des Fußes (rote Bereiche) einige Zentimeter tief, die außermittige Ringzone und der zentrale Bereich sind jedoch nicht mehr davon betroffen. Im Unterschied dazu sind die Risse am Schaft S2 dominanter und tiefreichender. Aber auch hier sind sowohl der Kopf als auch der Fußbereich am stärksten betroffen.

 


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Fall B

Aufgabe

Anlass für die zerstörungsfreie Prüfung waren deutliche Risse an Säulenschäften und neuere Abplatzungen. Die Risse resultieren aus Kriegsschäden infolge von starker Hitzeeinwirkung. Aufgrund von Grundwasserabsenkungen veränderte sich das Kräftegleichgewicht im Baugrund und es kam zu Lastveränderungen. Damit bestand die Frage, mit welchem Säulenquerschnitt für die statische Beurteilung gerechnet werden kann. Die 60 cm dicken Schäfte bestehen aus Granit. Dieses Tiefengestein ist im ungestörten Zustand sowohl für elastische als auch für Radarwellen sehr homogen. Wegen dieser Homogenität kann die Säule mit hoher Empfindlichkeit auf Veränderungen geprüft werden. Eine der Säulen musste bereits zu früheren Zeiten ausgetauscht werden, somit konnte diese neue Säule als Referenz herangezogen werden.

Messprogramm

schematische Ultraschall-Durchschallung (s. Abb. Q)

  • zentral des gesamten Querschnitts (a)
  • der außermittigen Ringzone (b)
  • der äußeren Randzone (c)

Vorgehensweise/Ergebnisse
US (Ultraschall)

Die Vorgehensweise entspricht derjenigen des Beispiels
Fall A: Ebenenweise wurden Zentral-, Ring- und Randdurchschallungen durchgeführt. D.h., auch hier war die Messanlage auf annähernd vertikale Risse ausgelegt. Nicht nur die rissigen, älteren Säulen, sondern auch die neuere, ungestörte Säulen wurden vollständig geprüft. Der Abbildungsteil S1 zeigt die Ergebnisse der neueren Säule. Wie erwartet sind die gemessenen Werte für alle Durchschallungsstrecken gleichmäßig und auf hohem Niveau. Lediglich unmittelbar am Schaftfuß treten lokal etwas erniedrigte Werte auf. Der Abbildungsteil S2 zeigt die Werte einer der älteren Säulen. Im auffälligen Gegensatz zur neueren Säule sind hier erhebliche Verminderungen der US-Geschwindigkeit in allen Durchschallungszonen und für alle Höhen festzustellen. Es ist insbesondere festzustellen, dass die Risse nicht nur oberflächlich (c) vorhanden sind. Dies war für den Fall vermutet worden, dass die Hitzeeinwirkung nur kurzzeitig auftrat. Die Risse verlaufen bis in die zentrale Zone des Schafts (a). Die eingezeichneten rot punktierten Linien markieren bereits an der Oberfläche sichtbare Risse, die sich gemäß Messergebnis bis über die Ringzone in die Mitte erstrecken.

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Vorbemerkungen zum Radar

Die Ergebnisse der US-Durchschallung zeigen eindrucksvoll den verminderten Gebrauchswert der Säule. Grundlage ist der Umweg der elastischen Welle um die Risse herum, da sie sich nicht über die Risse hinweg ausbreiten kann. Im Gegensatz dazu pflanzen sich die elektromagnetischen Wellen des Radars über Risse fort, wobei die Risse gleichzeitig gut detektiert werden können. Dies gilt insbesondere, wenn das Material homogen und der Riss im Vergleich dazu eine ausreichende Breite hat. Das Ultraschall sagt aus, ob offene Risse (ohne Kraftschluss) vorhanden sind. Auch die ungefähre Lage kann angegeben werden. Über die Rissbreite liegt keine Information durch Ultraschall vor. Mit dem Radar kann der Rissverlauf i.a. wesentlich besser verfolgt werden. Die Rissbreite selbst wirkt sich auf die Detektierbarkeit aus. Je größer die Lücke, desto stärker die Radarreflexion. Zwar ist im vorliegenden Fall mit nur minimalen Rissbreiten zu rechnen, trotzdem können wegen der hohen Materialhomogentität die Risse zumindest teilweise verfolgt werden. Da der Verlauf der Risse für die Beurteilung der Belastbarkeit wichtig ist, wurden Radarmessungen mit einem hochauflösenden Sensor durchgeführt.

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Vorgehensweise/Ergebnisse Radar

Es wurden Radar-Reflexionsmessungen entlang vertikaler Messlinien durchgeführt. Die Transparenz des Granits erlaubte eine gute Auflösung. In der Abb. B-S-R, ist rechts ein Datenbeispiel (Radargramm) zu sehen. Mit R ist die starke Reflexion der Rückseite gekennzeichnet. Des Weiteren machen sich am Kopf und Fuß des Schafts stark reflektierende Teile (D) bemerkbar. Es handelt sich dabei um Metalldübel. Innerhalb des Schafts sind nur schwach erscheinende Reflexionsbänder zu sehen. Dies sind die gesuchten Rissreflexionen (RR). In den beiden Schnitten daneben sind die Rissverläufe aus zwei Messrichtungen übernommen.

Fazit

Es resultieren zwei wesentliche Aussagen: Zum einen zeigt der Schnitt B-B‘ einen von oben nach unten schräg verlaufenden durchgehenden Riss, wobei das Ultraschall sagt, dass dieser offen ist. Zum anderen sind im Fußbereich schräg verlaufende Risse ins Innere zu den Dübeln hin vorhanden. Auch hier sagt das Ultraschall, dass es sich um offene Risse handelt.

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