DIE BOHRLOCHSEISMIK

(ingenieurgeophysikalischer Einsatz)

copyright by GGU Karlsruhe, Die Bohrlochseismik SE-BOHR DOWNLOAD


Bei bohrlochseismischen Untersuchungen werden elastische Wellen (i.d.R. Scher- oder Kompressionswellenimpulse) von einer seismischen Quelle erzeugt, durchlaufen das Untersuchungsmedium und werden danach von Empfängern aufgenommen. Bei der Downhole-Seismik befindet sich die Quelle an der Geländeoberkante (GOK) und die Empfänger im Bohrloch. Umgekehrt verhält es sich bei der Uphole-Seismik. Bei der Crosshole-Seismik befinden sich sowohl Quelle als auch Empfänger in Bohrlöchern. Man kann dementsprechend die bohrlochseismischen Verfahren nach v.a. vertikaler und horizontaler Wellenausbreitung unterscheiden. Es werden bevorzugt die transmittierten Signale betrachtet.

 

Downhole-Seismik (= Bohr­loch­geo­phon­messung = VSP vertical seismic profiling)

Untersuchungsziel ist v.a. die Bestimmung der dynamischen Bodenkennwerte anhand der seismischen Wellengeschwindigkeit.

Bei diesem Verfahren befindet sich die Signalquelle in der Nähe des Bohrlochs, sodass die aufgenommenen Wellen möglichst vertikal zum Empfänger (Geophon) laufen. Geophone befinden sich im Bohrloch in verschiedenen Tiefen meist in äquidistanten Tiefenintervallen. (Vereinfachend wird i.A. ein einziges Geophon nacheinander an allen Tiefenpositionen platziert und jeweils Signale angeregt.) Da die Geophone unterhalb der GOK gelegen sind, empfangen sie sowohl hinab- als auch hochlaufende Wellen (siehe Abb. 1 linker Teil). Die Daten eines Geophons bzw. einer Geophonposition werden als sogenannte Seismogrammspuren dargestellt. Hierin sind die Signalamplituden gegenüber der Laufzeit aufgetragen. Die Seismogrammspuren werden gemäß ihrer zugehörigen Tiefe zu einem Seismogramm zusammengesetzt (siehe Abb. 1 rechter Teil).

GGU_Bohrlochseismik_SE-BOHR_Abb_1.jpg

Im Seismogramm sind die direkten Kompressionswellen immer als Ersteinsätze zu sehen (durchgezogene Linie). An Schichtgrenzen (Wechsel der seismischen Wellengeschwindigkeit v) stattfindende Reflexionen kommen zeitlich später an (gestrichelte Linie). Die Geraden durch die Einsätze von direkten und reflektierten Wellen laufen an dem Geschwindigkeitsprung zusammen. Da die Steigung der Ersteinsatzgeraden umgekehrt proportional zur seismischen Geschwindigkeit ist, knickt sie an der Stelle des Geschwindigkeitssprunges ab. Durch diese beiden Merkmaltypen ist eine gute Beurteilung von Schichtmächtigkeit möglich. Die Erkennbarkeit von Schichten setzt u.a. einen ausreichenden Geschwindigkeitskontrast voraus. Zudem muss der Geophonabstand zur verlangten Schichtauflösung passen.

Die Wellengeschwindigkeiten sind aus den Laufzeiten bzw. den Steigungen der Ersteinsatzgeraden (1/v) zu bestimmen. Es ist somit eine gute Zuordnung von Tiefen und seismischen Geschwindigkeiten möglich. Eine weitere günstige Eigenschaft der Downhole-Seismik ist das Unterscheidungskriterium zwischen direkten (transmittierten), reflektierten und multipel reflektierten Wellen. Eine Angabe über den Neigungswinkel der Grenzflächen ist durch die reflektierten Wellen zu machen. Die Downhole-Seismik hat den Vorteil, dass nur ein Bohrloch benötigt wird und die Signale relativ einfach an der GOK erzeugt werden können. Bei der sog. Offset-Downhole-Seismik werden Signale auch in größeren Abständen vom Bohrloch erzeugt. Wesentliches Ziel hierbei ist, ein größeres Umfeld um das Bohrloch zu untersuchen.



Crosshole-Seismik (= seismische Durchschallung)

Untersuchungsziel ist die Bestimmung der dynamischen Bodenkennwerte anhand der seismischen Wellengeschwindigkeit sowie die Erkundung nach anomalen Untergrundsverhältnissen (z.B. Verkarstungserscheinungen).
Bei der einfachen Durchschallung befindet sich die Bohrlochsignalquelle und der Empfänger (Geophon) getrennt in zwei Bohrlöchern direkt gegenüber und auf gleicher Höhe. Die Messungen werden nacheinander in verschiedenen Tiefen durchgeführt. Bei gleichförmigem Untergrund bilden die direkten Wellen die Ersteinsätze im Seismogramm.

GGU_Bohrlochseismik_SE-BOHR_Abb_2.jpg

Aus den Ersteinsatzzeiten (Transmissionslaufzeit) und dem Sender-Empfänger-Abstand kann die Wellengeschwindigkeiten in einfacher Weise berechnet werden.
In der Nähe von Schichtgrenzen mit Geschwindigkeitssprüngen kommt es zu refraktierten Wellen, die dort den Ersteinsatz bilden. Die Bedeutung der unerwünschten refraktierten Wellen nimmt bei größerem Bohrlochabstand zu. Sie bewirken quasi eine Glättung des erkannten Geschwindigkeits-Tiefen-Verlaufs. Das heißt, dass ein kleinerer Bohrlochabstand die Schichtauflösung erhöht. Jedoch nimmt dann die absolute Genauigkeit der ermittelten Werte ab, da sich die Fehler des Bohrlochabstands und der Laufzeit deutlicher auswirken.

Anomale Untergrundsverhältnisse zeigen sich entsprechend als Laufzeitanomalie im Seismogramm. Beispielsweise bewirkt ein Hohlraum eine Laufzeitverzögerung, welche die Welle durch den Umweg um den Hohlraum und den meist vorhandenen Auflockerungsbereich erfährt.

Bohrlochmessungen können in verrohrten und unverrohrten Bohrungen durchgeführt werden. Die zur Verwendung kommenden Bohrlochgeophone richten sich nach dem Messziel und geologischen Gegebenheiten (i.d.R. 1- bis 3-Komponenten-Geschwindigkeitsaufnehmer). Unterhalb des Wasserspiegels werden bei reiner Kompressionswellenseismik auch Hydrophone als Druckaufnehmer verwendet, wobei hier eine spezielle Ankoppelung nicht erforderlich ist. Die Wellenanregung bei der Downhole-Seismik ist wie bei der Refraktionsseismik entsprechend einfach. Mittels Impulsquellen werden Kompressionswellen oder Scherwellen angeregt. Bei der Crosshole-Seismik werden spezielle Signalquellen benützt, die, damit das Bohrloch nicht beschädigt wird und nichtlineare Effekte vermieden werden, in der Signalstärke begrenzt werden müssen. Man unterscheidet die Signalquellen meist nach der bevorzugt angeregten Wellenart (Scher- oder Kompressionswellen). Unterhalb des Grundwasserspiegels können Kompressionswellen ohne Ankoppelungsvorrichtung mit speziellen Signalquellen (z.B. air gun, sparker) erzeugt werden.

Da die Form des seismischen Signals u.a. von den Absorptionseigenschaften des Untergrundes abhängt, kann unter Berücksichtigung der sphärischen Divergenz (räumliche Amplitudenabnahme), von Überlagerungen sowie gewissen Vereinfachungen die Dämpfung ermittelt werden. Dies geschieht entweder aus der Betrachtung der Wellenamplitude (logarithmisches Dekrement) oder des Signalspektrums.
Zu den dynamischen Bodenkennwerten und der Dämpfung siehe auch das GGU-Info „Die dynamischen Bodenkennwerte“.

empty